13.08.2021
Kabinett: Bayerische Corona-Stratgie
Der Bayerische Ministerrat hat in seiner Sitzung vom 21.07.2020 Beschlüsse u.a. zur Errichtung eines Bayerischen Pandemiezentrallagers und zu einem Konzept für den Kita-Regelbetrieb gefasst.
Gemeinsam mit meinen Kolleginnen Melanie Huml und Carolina Trautner habe ich dieErgebnisse der Sitzung in der anschließenden Pressekonferenz vorgestellt.
1. Freistaat baut Bayerisches Pandemiezentrallager auf / Verfügbarkeit von Schutzausrüstung auch bei Lieferengpässen gewährleistet
Der Kampf gegen die Corona-Pandemie ist noch nicht vorbei. Mit Blick auf eine mögliche zweite Corona-Welle, aber auch eine andere Pandemie in der Zukunft, arbeitet Bayern weiter intensiv für einen bestmöglichen Schutz der Bevölkerung. Der Gesundheitsschutz hat dabei immer Priorität. Entscheidend für die Eindämmung und Bekämpfung einer Pandemie ist unter anderem die Verfügbarkeit von medizinischem Schutzmaterial. Die Erfahrungen der letzten Monate haben deutlich gemacht, dass dies zu einer großen Herausforderung werden kann. Für die Bedarfsträger, wie Krankenhäuser, Arztpraxen und Pflegeheime, kann die Beschaffung nahezu unmöglich werden, wenn Lieferketten ganz oder zeitweise abbrechen. Der Ministerrat hat deshalb den Aufbau eines Bayerischen Pandemiezentrallagers beschlossen. Mit diesem strategischen Grundstock kann in künftigen Krisensituationen konsequent und schnell gehandelt werden.
Das Bayerische Pandemiezentrallager garantiert die Versorgung der medizinischen und pflegerischen Bedarfsträger in pandemischen Krisensituationen mit der notwendigen Persönlichen Schutzausrüstung. Bereits bei der ersten Corona-Infektionswelle im Frühjahr hatte der Freistaat die Aufgabe der Beschaffung medizinischen Materials in großem Umfang für die Bedarfsträger übernommen. Das diente der Unterstützung im medizinischen und pflegerischen Bereich sowie im Rettungsdienst, in der Gefahrenabwehr und in der Öffentlichen Sicherheit.
Das Bayerische Pandemiezentrallager wird folgende Schutzausrüstung mit einem Lagerwert von rund 300 Mio. Euro enthalten:
- 42,6 Mio. OP-Masken,
- 12,6 Mio. Pflegekittel/OP-Kittel,
- 10 Mio. FFP2-Masken und 2,1 Mio. FFP3-Atemschutzmasken als partikelfiltrierende Halbmasken,
- 3,6 Mio. Schutzanzüge verschiedener Schutzstufen,
- 190 Mio. Infektionshandschuhe,
- rd. 750.000 Augenschutzbrillen.
Zur Berechnung der vorzuhaltenden Mengen an persönlicher Schutzausrüstung wurde die Zahl der bayerischen Meldefälle während der Corona-Pandemie zugrunde gelegt und auf die Ausbruchsschwere im deutlich stärker betroffenen Spanien hochgerechnet. Ausgehend davon wurde der Bedarf für sechs Monate ermittelt, um vorausschauend eine größtmögliche Sicherheit im Pandemiefall zu schaffen.
Der strategische Grundstock enthält zudem Desinfektionsmittel und Beatmungsgeräte. Auch bereits beschaffte CT-Geräte und Blutgas-Analysegeräte sollen in den Grundstock integriert werden. Die bereits beschafften Ausrüstungsgegenstände zur Ausstattung etwaiger Notunterkünfte sowie zur Durchführung von Reinigungs- und Infektionsschutzmaßnahmen werden ebenfalls Teil des Grundstocks.
Über den Standort des Bayerischen Pandemiezentrallagers wird zeitnah entschieden. Aktuell werden geeignete Grundstücke geprüft. Übergangsweise werden die bisherigen Lagerkapazitäten weiter genutzt.
2. Bayern weitet Corona-Teststrategie aus / Förderung kommunaler Testzentren erweitert das Testangebot für die Bevölkerung
Ausreichende Testmöglichkeiten sind ein zentraler Baustein zur Erkennung und Eindämmung der Corona-Pandemie. Bayern weitet deshalb seine Teststrategie zum raschen Erkennen von Infektionen aus und fördert künftig kommunale Testzentren finanziell. Damit sollen weitere Testmöglichkeiten geschaffen werden. Zusätzlich zur Testung in Arztpraxen und freiwilligen Reihentestungen zum Beispiel in Alten- und Pflegeeinrichtungen, bei Polizei, Justiz, Erzieherinnen und Erziehern sowie Lehrerinnen und Lehrern unterstützt der Freistaat damit nun auch das Angebot in Testzentren.
Landkreise und kreisfreie Städte werden mit einem Betrag von 50 Prozent der Kosten für die Organisation und den Betrieb der Testzentren unterstützt. Hinzu kommt eine Pauschale für die Koordinierung insbesondere der Terminvergabe und eventuell anfallende Transportkosten für Proben. Die Kosten für Testungenin Testzentren, also ärztliche und labordiagnostische Leistungen, werden im Rahmen der Bayerischen Teststrategie komplett vom Freistaat Bayern übernommen, soweit sie nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden.
Der Betrieb eines Testzentrums liegt in der Entscheidung der jeweiligen kreisfreien Stadt und des jeweiligen Landkreises entsprechend der bestehenden Nachfrage und dem konkreten Bedarf an Testungen vor Ort. Die voraussichtlich anfallenden zusätzlichen Kosten von rund 4,7 Mio. Euro pro Jahr werden aus den Mitteln für die Umsetzung der Bayerischen Teststrategie (insgesamt 272 Mio. Euro) finanziert. Kreisfreie Städte und Landkreise können ihre Anträge auf anteilige Kostenübernahme quartalsweise beim Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) einreichen, das nach Prüfung die erstattungsfähigen Aufwendungen auszahlt.
3. Konzept für mögliche Rückkehr zum Kita-Regelbetrieb ab 1. September / Drei-Stufen-Modell je nach Infektionsgeschehen
Das Infektionsgeschehen in Bayern hat sich in den vergangenen Wochen deutlich verbessert. Die Strategie der Vorsicht und Umsicht mit schrittweisen Öffnungen hat sich bewährt. Gerade die Familien waren durch die Einschränkungen besonders gefordert. Das verdient Anerkennung und Respekt für Eltern und Kinder.
Bayernweit gibt es etwa 9.800 Kindertageseinrichtungen, in denen etwa 590.000 Kinder betreut werden. Sollte das Infektionsgeschehen weiterhin stabil bleiben, will Bayern ab 1. September 2020 zum Regelbetrieb in der Kinderbetreuung zurückkehren. Die Situation kann sich aber weiterhin schnell ändern. Das Konzept zur Wiederaufnahme des Regelbetriebs sieht deshalb auch Stufen bei Verschlechterung des Infektionsgeschehens vor. Dabei sollen zunächst vorrangig lokale Einschränkungen greifen, um die Einschränkungen für Familien möglichst gering zu halten bei bestmöglichem Infektionsschutz.
Alle Entscheidungen werden jeweils aktuell unter Berücksichtigung des weiteren Infektionsgeschehens getroffen. Das Drei-Stufen-Modell für die Kindertagesbetreuung in Bayern zum neuen Kindergartenjahr ab 1. September 2020 sieht vor:
Stufe 1: Regelbetrieb bei stabilem Infektionsgeschehen
Die Kinder sollen mit möglichst wenig Einschränkungen die Kindertageseinrichtung beziehungsweise Kindertagespflegestelle besuchen können. Im Regelbetrieb müssen die Einrichtungen weiterhin ein Schutz- und Hygienekonzept einhalten, das sich an dem Rahmen-Hygieneplan Corona des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) orientiert. Dieser Rahmen-Hygieneplan für die Kindertageseinrichtungen wird aktuell überarbeitet und soll noch vor den bayerischen Sommerferien veröffentlicht werden. Ziel ist es, dass die Träger ihr Schutz- und Hygienekonzept vor Ort entsprechend der Personalausstattung, der Anzahl und der Größe der Räume sowie der Anzahl und des Alters der Kinder noch individueller ausgestalten können. Das schafft Flexibilität vor Ort. Zudem sollen offene Betreuungskonzepte wieder zugelassen werden. Im Hinblick auf die üblichen Erkältungswellen ab Herbst sollen Kinder trotz leichten Schnupfens ihre Kindertageseinrichtung besuchen dürfen, wenn sie im Übrigen gesund sind. Das LGL erarbeitet dafür gemeinsam mit Kinderärztinnen und Kinderärzten einen leicht verständlichen Leitfaden für die Kita-Praxis, der die Erzieherinnen und Erzieher bei der Einschätzung von Krankheitssymptomen bei Kindern unterstützen soll.
Stufe 2: Eingeschränkter Betrieb bei verschlechtertem Infektionsgeschehen
Um auf steigende Corona-Zahlen zu reagieren und eine Verbreitung des Virus zu verlangsamen, sollen Einschränkungen vorrangig lokal beziehungsweise regional begrenzt erfolgen. Zudem soll möglichst ein eingeschränkter Betrieb mit reduzierten Gruppengrößen möglich bleiben, dessen Rahmen die Träger ausgestalten können. Flexibilität vor Ort soll vermeiden, dass einzelne Kinder über einen langen Zeitraum überhaupt keine Förderung und Bildung in der Betreuung in Anspruch nehmen können. Schließungen von Kindertageseinrichtungen bleiben das letzte Mittel und werden auf das infektionsschutzmäßig unbedingt nötige Mindestmaß begrenzt. Die Entscheidung über eine Reduzierung von Gruppengrößen und die anzubietende Notbetreuung trifft bei lokal begrenzten Ausbrüchen des Coronavirus das jeweils zuständige Gesundheitsamt, bei Bedarf in Abstimmung mit dem örtlichen Jugendamt. Die individuelle Ausgestaltung der Betreuung erfolgt dann vor Ort von den Trägern in Abstimmung mit den Eltern, insbesondere dem Elternbeirat. So könnten die Kinder den Betreuungspersonen etwa in kleinen Gruppen fest zugeordnet werden oder die Betreuungszeiten der Kinder angepasst werden, etwa in Schichtmodellen.
Stufe 3: Eingeschränkte Notbetreuung bei starker Verschlechterung des Infektionsgeschehens
Wenn das Infektionsgeschehen sich stark verschlechtert, muss eine Notbetreuung in einer Art „Baukastensystem“ in Abhängigkeit vom jeweiligen Infektionsgeschehen angeboten werden. Auch hier erfolgt die Entscheidung, welche Gruppen in der Notbetreuung betreut werden, bei lokal begrenzten Ausbrüchen auf örtlicher Ebene nach einer vorgegebenen Priorisierung (z.B. Kinder mit Eltern in kritischer Infrastruktur) durch das Gesundheitsamt, bei Bedarf in Abstimmung mit dem örtlichen Jugendamt. Sollte eine Einschränkung des Betriebs der Kindertagesbetreuung notwendig werden, sollen auch wieder Eltern-Betreuungsgruppen möglich sein, in denen mehrere Familien sich gegenseitig bei der privaten Betreuung der Kinder unterstützen können.
4. Freistaat treibt Aufbau der Technischen Universität Nürnberg voran / Forschung und Onlineangebote bereits 2021 / Erster Masterstudiengang zum Wintersemester 2023/2024
Der Freistaat beschleunigt den Aufbau der Technischen Universität Nürnberg (TUN). Der Gründungsprozess wird weiter vorangetrieben, um schon 2021 den Forschungs- und Lehrbetrieb schrittweise aufzunehmen und zum Wintersemester 2023/2024 das erste Master-Programm anzubieten. Die Neugründung soll mit ihrer innovativen Ausrichtung weit über die Metropolregion Nürnberg-Erlangen-Fürth und den nordbayerischen Wissenschaftsraum hinaus Modellcharakter haben.
Der Gründungsprozess der Universität schreitet auf allen Ebenen mit großen Schritten voran. Die Gewinnung des Gründungspersonals ist erfolgreich angelaufen, insbesondere für das Amt der Gründungspräsidentin bzw. des Gründungspräsidenten und die Position der Gründungskanzlerin bzw. des Gründungskanzlers. Die zahlreichen hochqualifizierten Bewerbungen zeigen, dass die TUN als bedeutendes Wissenschaftsprojekt der Staatsregierung in der Fachwelt auch international positiv wahrgenommen wird.
Die Universität soll zum 1. Januar 2021 formell errichtet werden. Gleichzeitig soll der ursprünglich ab 2025 anvisierte Studienbeginn deutlich vorgezogen werden. Bereits im Laufe des Jahres 2021 sollen erste Onlineangebote starten. Damit kann der Studienbetrieb schon vor der Fertigstellung der ersten Gebäude schrittweise aufgenommen werden. Gleichzeitig kann die TUN bereits ab der Besetzung der ersten Professuren ihre Aktivitäten in Forschung und Transfer aufnehmen. Dazu gehören z.B. erste gemeinsame Forschungsprojekte mit Partnern aus Wissenschaft und Industrie. Für das Wintersemester 2023/2024 ist dann der Studienbeginn des Master-Programms geplant.
Bei der baulichen Umsetzung arbeiten der Freistaat und die Stadt Nürnberg zielorientiert Hand in Hand zusammen. Für die weitere Entwicklung des Grundstücks und das sog. Verfügungsgebäude, in dem das Gründungspersonal der TUN und erste Einheiten der Hochschulverwaltung untergebracht sein werden, wurde der Planungsauftrag bereits erteilt.
Mit der TUN gründet die Staatsregierung die zehnte staatliche bayerische Universität. Markenzeichen werden Departments nach internationalem Vorbild, größtmögliche Digitalisierung von Lehre, Forschung und Verwaltung sowie eine enge Vernetzung in die regionale Wissenschaft und Wirtschaft, kombiniert mit vorwiegend englischsprachigen und ausschließlich interdisziplinären Studiengängen, die Technik- und Naturwissenschaften mit Geistes- und Sozialwissenschaften verzahnen. Damit wird in Nordbayern komplementär zu den bestehenden Einrichtungen langfristig Wissenschaft und Forschung auf Spitzenniveau ausgebaut.
5. Ressourceneffizienz-Zentrum Bayern wird CleanTech Hub für Kreislaufwirtschaft der Zukunft / Bayern fördert klima- und ressourcenschonende Produktionsweisen der Zukunft
Der sparsame und effiziente Einsatz von Ressourcen leistet einen wichtigen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz. Bayern fördert deshalb Produktionsweisen, die natürliche Ressourcen und das Klima schonen. Dafür wird das erfolgreiche Ressourceneffizienz-Zentrum (REZ) Bayern nun zielgerichtet zum „CleanTech Hub für Kreislaufwirtschaft der Zukunft“ am Landesamt für Umwelt (LfU) ausgebaut. Damit werden bayerische Unternehmen fit für die Zukunft gemacht. Der effiziente Einsatz unserer endlichen Ressourcen verbindet auf intelligente Weise Ökonomie und Ökologie, denn er senkt Kosten, steigert die Wettbewerbsfähigkeit und verringert die Importabhängigkeit von Rohstoffen. Gleichzeitig ist innovativer Ressourcenschutz ein wirksames Instrument zur Vermeidung und Minderung von Treibhausgasemissionen und zur Klimaanpassung
Der Freistaat stellt für das REZ von 2016 bis 2022 rund 3,6 Mio. Euro bereit. Ziel ist es, innovative Kräfte zu bündeln, die Schlagkraft des bisherigen REZ weiter zu erhöhen und zusätzliche Synergiepotenziale zu heben. Die erfolgreiche Kooperation mit den bayerischen Industrie- und Handelskammern und den Regionalpartnern des REZ soll dafür weiter intensiviert werden. Das REZ wird Zukunftsthemen wie die Digitalisierung im Kontext der Kreislaufwirtschaft aufgreifen, den neuen Projektverbund für Kreislaufwirtschaft der Zukunft koordinieren und den Wissenstransfer dieser neuen nachhaltigen Technologien in bayerische Unternehmen vorantreiben. Um die interdisziplinäre Zusammenarbeit weiter zu stärken, soll das REZ künftig in einer innovativen Organisationsstruktur arbeiten.
Mit dem Ausbau wird der 7-Punkte-Plan der Bayerischen Staatsregierung für einen effizienten Ressourceneinsatz in der bayerischen Wirtschaft konsequent weiterentwickelt. Dieser Plan stellt die Weichen für nachhaltiges Wirtschaftswachstum auf der Basis von Freiwilligkeit, Eigenverantwortung und Kooperation.
6. Bayern verbessert Schutz vor Verkehrslärm / Staatsregierung senkt Auslösewerte für Lärmsanierung entlang der Staatsstraßen / Entschließungsantrag im Bundesrat für Bundesstraßen
Die Staatsregierung will die Belastungen für Anwohner durch Verkehrslärm so gering wie möglich gestalten. Durch die gestiegenen Verkehrsströme in den vergangenen Jahrzehnten besteht an vielen Stellen in Deutschland aktuell Handlungsbedarf. Der Freistaat schlägt deshalb vor, die sogenannten Auslösewerte, ab denen Lärmsanierungen an bestehenden Bundesstraßen möglich sind, um mindestens drei Dezibel zu senken. Dafür wird Bayern einen Entschließungsantrag im Bundesrat stellen. Begleitend geht Bayern mit gutem Beispiel voran: Auf Landesebene werden die Auslösewerte für die Lärmsanierung entlang der Staatsstraßen bereits jetzt um drei Dezibel gesenkt. Die Maßnahmen sollen das unterschiedliche Lärmschutzniveau für Anwohner von bestehenden Bundes- bzw. Staatsstraßen und Anwohnern an neu geplanten oder wesentlich geänderten Straßen angleichen. Für neue Projekte liegen die Auslösewerte deutlich niedriger als für Lärmsanierungen.